Obstbaumschere und Veredlungsliteratur

Diskutiere Obstbaumschere und Veredlungsliteratur im Forum Ackerbauliche Fragen im Bereich die tägliche Arbeit - Hallo, meine Frage zielt auf Obstanbau ab, ist hier im ackerbaulichen Bereich hoffentlich nicht völlig falsch eingestellt... Kann mir jemand...
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Luki

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Hallo Jan,

zu (3)
Solche "Amputationen" werden immer faulen, egal wie/ob du nachbehandeslt. Vom Schnittflächenzuschmieren halt ich allgemein nicht viel, das schadet m.E. mehr als es nutzt.
Aber auch ein hohler Baum kann noch Jahrzehnte Früchte bringen.

zu(4)
Dem würd ich eine neue Mitte erziehen, ebenso Leitastverlängerungen(so am äußeren Drittel) an den Ästen links im Bild. Die übrigen Schosser alle rausschneiden und dann im ~Juni nachbehandeln(Ausreißen).

zu(5)
Dein Vorhaben wär auch mein Lösungsansatz, wahrscheinlicher jedoch würde ich den vermutlich einfach Birne sein lassen.

mfg
 
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Marc oh

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Hallo Jan,
natürlich können sowohl Wühlmäuse wie auch Maulwürfe auf einer Wiese anzutreffen sein. Das kann man wie gesagt u.a. durch die Form des Ganges erkennen.

Zu 1. Besserer Totholz ist wohl der richtige Begriff. Wie auf den anderen Bildern auch, kann man sehr alte Bäume sehen. Hier ist wahrscheinlich auch eine vorzeitige Vergreisung durch oft unterlassene Pflege eingetreten. Hier würde ich die Bäume nur noch wenig schneiden und in Ruhe lassen. Einen großen Erfolg kannst Du hier nicht mehr erzielen. Die erwähnten Wasserschoße sind der letzte Durchtriebwillen des Baumes, um aus dem fast toten Holz der verbleibenden Äste zu überleben. So wie sie jetzt durchlichtet sind ist es gut, lass sie so und warte mal die Reaktion im Frühjahr ab. Aber arg lange wirst Du an den zwei Kandidaten keine Freude mehr haben. Aber selbst als Totholz bieten sie noch genug Nützlingen Lebensraum. Aber wie auch schon gesagt, sollte das Totholz 10% des Bestandes nihct überschreiten.

Zu 2.: Das ist gar keine so ungewöhnliche Methode der Bindung, auch wenn mir die Pfähle etwas kurz erscheinen. Das Hanfseil geht auch voll in Ordnung. Wichtig ist, dass die Bindung einer „8“ entspricht und der Baum in Hauptwindrichtung angebunden ist. Der Gießrand ist in den ersten Jahren auch wichtig.

Zu 3: Solche Maßnahmen gehen an einem Baum nie ganz vorbei. Ich kenne die Wundversiegelung wenn die Wunde größer als ein 1-DM Stück ist. Da gibt es verschiedene Ansichtsweisen. Manche behandeln gar nicht, andere zu viel. Ich bin der Meinung, dass bei größeren Wunden schon eine gute Wundbehandlung angebracht ist. Aber ein Erfolgsgarant ist es nicht. Es kann immer faulen oder sonstigen Schaderregern Zutritt ermöglichen. Wichtig ist bei solchen großen Wunden der Schnittzeitpunkt. Ich habe erfahrungsgemäß feststellen können, dass Wunden im Sommer, wenn der Baum unter Saft steht, besser verheilen als im Winter. Dass ein hohler Baum noch lange Früchte tragen kann, kann ich aus aktuellem Grund bei mir auch nur wieder bestätigen. Das von dir erwähnte Nachschneiden halte ich für weniger erfolgsversprechend. Belass es so.

Zu 4: Wie Luki schon schrieb, sollten sich die senkrechten Triebe nicht in der Mehrzahl befinden. Wenige kann man bestehen lassen (10%). Der Rest wird weggeschnitten. Man muss hier versuchen eine neue Mitte zu bekommen. Dazu suchst Du dir den schönsten und stärksten Ast in der Mitte aus. Den lässt Du stehen und schneidest ihn jetzt im Winter um 30% zurück, damit er im Frühjahr gut durchtreibt. Der Rest bis auf 10% der senkrechten Triebe schneidest Du weg. Als Entscheidungshilfe kann man sagen: Lass die schwächeren senkrechten Triebe stehen, sie wandeln sich von selbst in Fruchtbogen um. Die stärkeren werden weggeschnitten. Im Frühsommer musst Du nachbehandeln, dh ausschneiden oder ausreißen. Solange die Äste noch grün und weich sind, kann man sie auch reißen, bei der Methode heilt die Wunde sogar besser ab. Es kostet aber etwas Überwindung zu der Methode. Ich würde ihn auch an den Seiten etwas zurücknehmen und versuchen die Krone etwas kleiner zu formen. Die langen, fast waagrechten, Äste sind bruchgefährdet. Du kannst die drei Leitäste stehen lassen und eine weitere Ebene mit kürzeren Trieben an der neuen Mitte anstreben. Oder Du verfährst nach Lukis Methode, was auch möglich ist, aber mehr Aufwand mit sich bringt.

Zu 5: Ich habe schon schlimmere Birnen gesehen. Der Baum ist in den Seiten irgendwann mal „durchgegangen“. Das kann durch Schnitt passieren, muss aber nicht. Birnen neigen zu „pappelartigem“ Wuchs, also hoch und schlank. Mein Ansatz wäre hier, nach innen gehende Äste herausschneiden, die senkrechten, starken Triebe auf den Leitästen herausnehmen und wenn man mag etwas die Höhe begrenzen, indem man auf waagrechte Äste ableitet. Aber ich muss auch sagen, der Aufwand ist hoch bei so einem Hochstamm. Dann noch etwas altes Fruchtholz wegnehmen und immer etwas verjüngen. Die Höhenbegrenzung wäre eben wichtig. Oder man belässt ihn so und findet sich mit der nachlassenden Fruchtqualität ab.
LG Marco
 
Doc Jan

Doc Jan

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...wieder bin ich schlauer Dank Eurer detaillierten Hilfe! Dass man die Wasserschosse einfach ausreißen kann/soll, hätt' ich nicht gedacht...

Ja, die Bäume sind großenteils sehr alt, und die Pflege wurde sicher auch nicht konsequent durchgezogen. Wie will man das auch gewährleisten über einige Generationen hinweg. Möchte das jetzt nicht entschuldigen, doch auch diese abgestorbenen Bäume stehen nicht unnütz rum, wenn ich an die Hornissen denke. Sofern meine nachgepflanzen Bäume gedeihen, dann erniedrigt sich der momentan zu hohe Totholzbestand auf 3/22, sprich knappe 15 %...

Zur Birne (5), der gewissermaßen ein Schicksalsbaum ist; zuletzt geschnitten - und das nur teilweise - wurde er im Jahr 1988; das ist so genau rückdatierbar, weil meine Oma beim Sägen im Kronenbereich abgerutscht ist und im Anschluss nicht nur keine Bäume mehr geschnitten hat, sondern auch sonst nicht mehr viel tun konnte. Schnell kann's gehen.
Irgendwie reizt es mich schon, zumindest etwas auszulichten. Das würde ich auf jeden Fall mit meinem Klettergurt tun; schließlich gibt's so viele Dummheiten, dass man nicht zweimal dieselbe machen sollte, also familiär gesehen :)

Allein schon des guten (reinen!, auch wenn die Dorfältesten die Machbarkeit eines solchen stets anzweifeln) Birnenmosts wegen; konkret eine Mischung aus Williams Christ, Bosc’s Flaschenbirne, Mollebusch und Gräfin von Paris. Gepresst alle Ende August, als nur die Williams reif waren. Das nasse Sommerwetter hatte allerdings die frühe Ernte erzwungen. Das vergorene Resultat... ein Gedicht.. subjektiv gesehen ;)

Viele Grüße, Jan
 
Marc oh

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Hallo Jan,
es gehört aber etwas Überwindung dazu, die Wasserschosse einfach auszureißen. Aber probiere es mal aus, es geht wunderbar. Nur die Zweige dürfen noch nicht verholzt sein.
Ich wollte die mangelnde Pflege auch nicht anprangern, ich weiß selbst, wie wenig es gewährleistet ist die selbe Pflege einem Baum über Generationen zukommen zu lassen. Oft herrschte auch daran kein Interesse mehr. Und ein Hochstamm ist nicht gerade einfach zu pflegen. Deine Absicherung ist schon sinnvoll, gerade in dieser Höhe können schnell Unfälle passieren.
LG Marco
 
ElOldy

ElOldy

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Habe herausgefunden, dass man sogar an die normale Schneidgiraffe 2 Verlängerungen anbringen kann. So hat man dann die gleiche Reichweite, wie die Teleskop Schneidgiraffe. Finde ich wirklich gut!
 
Doc Jan

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Hallo,

hab' wieder eine Frage bezüglich des Apfelbaumschnitts. Diesmal geht's um den unten abgebildeten Baum, eine Schafsnasenart; und keine Trauerweide, wobei wir beim Thema wären...

Der Baum trägt regelmäßig und viel. Diesbezüglich müsste er eigentlich nicht geschnitten werden. Doch es heißt ja , dass * nach oben stehendes Holz Wachstum aufbaut, * seitlich liegendes Holz Früchte trägt und * nach unten hängendes Holz abstirbt.

Was also tun? Am Ast rechts unten möchte ich auf jeden Fall etwas wegnehmen, damit ich mit dem Schlepper beim Mähen nicht hängen bleibe. Ansonsten wird man hier doch sicher nicht jedes hängende Ästchen entfernen?

Danke für Tipps, viele Grüße,
Jan
 

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Luki

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Hi,

Da wo es recht eng zugeht bzw. bei ineinander wachsenden Ästen würde ich den jeweils "hängenderen" rausschneiden.
Ebenso was sehr tief hängt und beim Mähen stört.
Ansonsten schöner Baum finde ich.
 
Marc oh

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Hallo Jan,
in der Tat kein schlechter Baum, er sieht im belaubten Zustand bestimmt gut aus. Auch wenn er nicht richtig erzogen worden ist, denn es fehlt ja die "Mitte". Die hier ausgebildete Hohlkrone muss aber nicht zwangsläufig schlecht sein. Sie lässt gut Licht und Luft in die Krone. Die meisten der hängenden Äste sind abgetragene Fruchtbögen, an deren Enden sind nach oben weisende Äste bilden. Man geht nun folgendermaßen vor. An dem rechten unteren Ast, der dich beim Mähen stört, entfernst Du alle nach unten weisenden Äste. Dann beginnt man die Fruchtbögen etwas zurückzuschneiden und zwar auf einen (leicht, 30Grad ist der Idealwinkel) nach oben weisenden Trieb oder Knospe. Das macht man natürlich nicht im ersten Jahr gleich bei allen Ästen. Ziel ist es den Baum gezielt zu verjüngen und neues Fruchtholz heranzuziehen. Die Äste sind teils recht lang und verhältnismäßig dünn, sodass auch Windbruchgefahr besteht. Von daher schadet eine Einkürzung hier auch nicht. Aber immer schön an die Pyramidenform denken.
LG Marco
 
Doc Jan

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Hallo,

zunächst vielen Dank für die Erklärung zum Verjüngungsschnitt!

Hab' vorhin angefangen und stelle fest, dass es schon ziemlich lange dauert, bis man einen solchen Baum zurückgeschnitten hat, auch wenn bzw. gerade weil man nur vereinzelte Äste ausschneidet. Wird wohl noch das Wochenende andauern, bis ich den Baum geschafft habe. Nun sollen Obstbäume doch idealerweise jährlich, manche sogar halbjährlich geschnitten werden? Auch wenn der Verjüngungsschnitt momentan aufwändiger sein mag als ein Pflegeschnitt, sehe ich mich realistisch betrachtet nicht in der Lage, diesen Aufwand für 20 Hochstämme alljährlich durchzuführen.

Was tun? Sicher ist es besser, wenn man alle 3 Jahre schneidet, gewissermaßen regelmäßig, als zweimal im Jahresturnus und dann dabei die Lust verliert und die nächsten 20 Jahre nichts passiert. Wie lange darf man solche Bäume ungeschnitten lassen, ohne dass man ein vorzeitiges Altern aufgrund mangelnder Pflege riskiert?

Danke vorab, viele Grüße,
Jan
 
Marc oh

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Hallo Jan,
ich helfe dir immer wieder gerne wenn ich kann.
Zum Schnitt. Sicherlich ist es eine Menge Arbeit einen Baum, der lange vernachlässigt wurde wieder in die Reihe zu bekommen. Es ist auch ein Irrglaube, dass man das in einem Jahr hinbekommt. Man braucht Zeit und Geduld. Gerade die Hochstämme sind vom Schnitt her arbeitsintensiv, durch ihre Größe und Ausladung.
Es würde mich auch wundern, wenn Du die 20 Hochstämme jährlich zweimal schneiden könntest und nebenbei noch Beruf und Familie hast. Zuerst einmal keine Panik: Hochstämme muss man nicht zweimal im Jahr schneiden, auch nicht unbedingt jährlich. Ein fester Rhytmus in Jahren kann man nun schwer festlegen, dazu muss man die Bäume kennen. Es kommt auf den Standort, die Obstart, die Vitalität usw an. Bei Hochstämmen bin ich der Meinung, dass 3-4 jähriger Rhytmus und zwar beschränkt auf auslichten und Jungholzanregung reicht. Aber es kommt eben auch darauf an, wie vital der Baum ist. Je kleiner der Baum (Viertelstamm, Busch, Spindel), desto intensiver muss man ihn pflegen. Deine Hochstämme und auch die ganzen "Bewohner" werden es dir danken, wenn Du den Baum im 3-4 Jahreszeitraum moderat und bewusst schneidest. Nichts ist schlimmer, als sich den Stress zu machen und die Lust zu verlieren. Genieße die großen herrlichen Bäume und versuche an ihnen ihre Bedürfnisse abzulesen. Mit der Zeit entwickelt man so ein Gespür dafür. Für Fragen stehe ich dir natürlich auch jederzeit zur Verfügung.
LG Marco
 
Doc Jan

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Hallo,

...das beruhigt mich ungemein. Peu a peu die Bäume etwas pflegen, sobald alles erst einmal halbwegs gerichtet ist, wird nicht in Stress ausarten und bestimmt weiterhin Spaß machen :)

Jetzt ein Bild meiner Wochenend-Aktion. Es handelt sich nicht um die oben diskutierte Schafsnase, sondern einen Rambour, vermutlich den ältesten Baum dieser Wiese. Ihm fehlt nicht nur (ebenfalls) die Mitte. Er ist innen völlig hohl bis zum Grund, doch an sich noch lange kein so hoffnungsloser Fall wie die benachbarten Goldparmänen.

Wer jetzt anmerkt, dass der Baum einmal geschnitten werden sollte, muss wissen, dass er noch um einiges dichter verwachsen war als die Birne "Gräfin von Paris" links im Bild ;)

Viele Grüße, Jan
 

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Doc Jan

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..und hinterher gleich noch einmal ein ganzes Bündel an Fragen, abermals zum Pflanzschnitt: Hab' jetzt mal ein Bild angehängt, damit man sehen kann, worüber ich mir den Kopf zerbreche. Der Baum wurde im Herbst gepflanzt und hat diesen Schnitt beim Abholen von der Baumschule verpasst bekommen. Es sei angemerkt, dass dieser Apfelbaum "Gravensteiner" mit nur 5 angesetzten Leitästen recht kahl daherkommt. Es ist auch ein Berlepsch dabei, welcher 11(!!) solche seitlichen Äste besitzt.

Betrachte ich nun das Werk "Obstbaumschnitt in Bildern" von Hans Walter Riess (und zwar die Ausführungen bis zum Halbstamm; der Pflanzschnitt für Hochstämme ist nicht aufgeführt), dann würde ich nüchtern feststellen:

(+) schöner Astansatz (kein Quirl; Verteilung über die Himmelsrichtungen)
(-) Stammverlängerung ragt zu weit nach oben und wird zu einer zu hohen Krone führen
(-) Keine Saftwaage: Jeder Leitast endet in unterschiedlicher Höhe und wird verschieden stark wachsen
(-) Anschnitt der Äste zu weit von den Augen entfernt
(-) 2 Leitäste zu viel, da insgesamt 5 Stück

Ich würde die Stammverlängerung etwas zurücknehmen. Dann den untersten der seitlichen Äste auf Astring zurückschneiden (er zeigt in gleiche Richtung wie der Ast darüber). Außerdem die Leitäste soweit zurückschneiden (v.a. die oberen), dass man halbwegs von einer Saftwaage sprechen kann. Allerdings würde ich wagen, 4 Leitäste stehen zu lassen, auch wenn das lt. Riess einer Sünde gleichkommt, da eben nicht 3.

Sofern dies eine gute Idee ist, stellt sich die Frage nach dem Zeitpunkt eines Rückschnitts. Vielleicht ist es vernünftig, noch bis April zu warten, damit die strengen Fröste vorüber sind? Und zudem der Jungbaum nicht treibt wie ein wilder? Soll ja eher dicke als lange dünne Leitäste bekommen.

Ganz andere Sache: Ist es übertrieben oder gar kontraproduktiv, die Schnittwunden mit Lac Balsam (Celaflor) zu überstreichen?

Oder ist vorneweg ein zweiter Schnitt im selben Winter zu belastend für einen Baum, so dass ich bis zum nächsten Winter warten sollte?

Danke vorab für Meinungen, viele Grüße, Jan
 

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Hallo Jan,
zum ersten Bild kann man sagen, dass der Baum schon recht gut aussieht, auch wenn er sich teilweise noch überbaut. Aber das kann man in den folgenden Jahren noch richten.
Zu dem Nachwuchsbaum:
Zuerst einmal sind das nicht alles Leitäste!!
Die beiden rechts stehen schon einmal zu flach und sind auch schwach. Sie werden wohl als erstes Fruchtansatz bilden. Die beiden würde ich mal stehen lassen und auch nicht anschneiden. Hier gilt die Regel: Entweder ganz wegschneiden oder gar nicht schneiden.
Die Ausführungen aus dem Obstbaumbuch sind so weit richtig mit den Einschränkungen, dass es keine fünf Leitäste sind und dass man hier auf dem Bild den Abstand des Schnitts zur Knopse nicht erkennen kann. Wenn er ca. 0,5cm von der Knospe weg ist dann ist das ok. Der Baum hat also noch drei Leitäste und die Stammverlängerung, die Leitäste gehören auf eine gleiche Höhe gebracht und die Stammverlängerung eine Handbreit darüber an einer Knospe gekappt. Die jungen Bäume kommen immer recht kahl daher, das macht nichts, die Krone muss sich ja erst bilden. Weniger ist hier mehr. Vier Leitäste sind keineswegs eine Sünde, auch wenn es hierzu verschiedene Philosophien gibt. Wichtig ist eine gleichmässige Verteilung der Leistäste und dass sie möglichst nicht alle in der selben Höhe entspringen. Den Baum kannst Du sehr wohl jetzt nochmal im Winter schneiden, er befindet sich ja noch in der Ruhephase. April ist eindeutig zu spät, Anfang März wäre beim Apfel noch ok. Der Jungbaum soll ja möglichst stark austreiben und wenig Fruchtansatz bilden in den ersten Jahren, um ein stabiles Gerüst zu bilden. Wenn er lange Triebe bildet ist es nicht schlimm, diese werden dann im Winter recht stark zurückgenommen und dann geht das schon. Zum Wundmittel kann ich sagen, dass man alles, was die Größe eines Eurostückes überschreitet mit Wundbalsam behandelt. Alles was dünner ist heilt alleine gut aus.
LG Marco
 
Doc Jan

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Besten Dank, gerade für die Aufklärung mit den Leitästen.

Meine Frage: Nachdem bei gezeigtem Baum eigentlich nur der Seit-Ast links oben, vielleicht auch noch der direkt gegenüber, also hinten, dick sind.... hat er nur 2 Leitäste? Oder können die anderen in Sachen Dicke noch zulegen?
Den Ast-Winkel kann man ja anscheinend in den Sommermonaten noch korrigieren mit weg- oder heranbinden?

Viele Grüße, Jan
 
Marc oh

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Hallo Jan,
wie Du richtig erkannt hast, kann man die jungen Äste durch hoch- oder abbinden noch lenken.
Er hat drei Leitäste, nur ist der eine etwas unterentwickelt. Das kommt daher, dass er tiefer steht als die beiden anderen und daher weniger Nährstoffe zugewiesen bekommen hat. Der schwächere Ast wird an Dicke zulegen wenn Du folgendes beherzigst: 1.Saftwaage beachten, unter Umständen kann es helfen die beiden stärkeren etwas mehr zurückzunehmen als den schwachen.
2. Man kann den schwachen auch etwas hochbinden, denn es gilt ja: Je steiler und höher ein Ast, desto mehr wird er bevorzugt.

Die beiden rechts unten sind untergeordnet und sollten es auch bleiben, sie werden nur moderat an Dicke zulegen. Das sind keine Leitäste und würden als solche auch nicht in die Symetrie passen.
LG Marco
 
Doc Jan

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Hallo,

jetzt hab' ich's tatsächlich viel besser verstanden... Einziges Problem in der Realität: Man muss ja nicht nur schauen, dass alle Leitäste auf gleiche Höhe gebracht werden (Saftwaage), sondern eben auch, dass die Leitäste auf außen liegende Augen geschnitten werden (ca. 5 mm über diesen Augen). IRGENDWO kann man die Äste natürlich immer kappen, damit sie auf gleicher Höhe sind, aber dann meist nicht an den günstigen Augen.
Ob man's glaubt oder nicht, es gibt Bäume, da muss man entweder den Augen oder der Saftwaage den Vorzug geben. Im Lehrbuch dagegen finden sich immer außen liegende Augen, die auf gleiche Höhe gebracht werden können. Irgendwie unfair... ;)
Ich hab' nun den außen liegenden Augen und nicht der exakten Saftwaage allererste Priorität eingeräumt. D.h. manch ein geplanter Leitast sitzt wenige cm höher/tiefer als der Rest, und ein jetziges Binden würde den Ast-Ansatzwinkel zu sehr negativ verändern. Das mit der Saftwaage hängt bestimmt nicht NUR von der absoluten Asthöhe ab, sondern vielleicht auch geringfügig vom Ansatzpunkt, der Astdicke, ... Und Die Saftwaage kann ich dann im Laufe der Wachstumsperiode noch durch Binden am Jungtrieb korrigieren. Soweit meine Idee.

Der "zweite Pflanzschnitt" hat mit Ausnahme eines Baumes gut geklappt, denke ich. Die Mirabelle Nancy hatte nämlich eine sehr hohe Stammverlängerung und ca. 80(!) cm darunter erste wirre (Frucht-)Ästchen. Ob's nun richtig war oder nicht, die Stammverlängerung hab' ich ordentlich gekappt, so dass sie nur noch anderthalb Handbreiten überragt. Und die seitlichen dünnen Ästchen auf Wachstum hochgebunden. Leider kein Foto, doch dieser Sommer wird zeigen, was ich verbrochen habe :)

Noch eine Frage: Das Hochbinden ist einfach, mit nem dickeren Naturstrick (kein Einschneiden) um die Stammverlängerung. Wie bringt man allerdings die Äste am besten weg vom Stamm? Ich hätte dank der Baustahl-Pflanzgitter ne gute Möglichkeit zum Hinabbinden, doch dann sieht die Pflanzung wie ein hochgetakelter Windjammer aus. Gibt's ne spezielle Technik, Hölzchen oder ähnliche steife Gegenstände zwischen Stammverlängerung und Ast einzuklemmen? Auf Druck, nicht auf Zug?

Zu guter Letzt: Es wurde ja angsprochen, dass durchaus auch dünne Fruchtästchen beim Pflanzschnitt stehen bleiben dürfen. Aber bestimmt dann nicht, wenn sie dem Stamm auf Höhe eines Leitastes entspringen, oder aus der Stammverlängerung heraus?

Abermals vorab vielen Dank, viele Grüße, Jan
 
Marc oh

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Hallo Jan,
die Leitäaste sollten ungefähr in der gleichen Höhe sein. Niemand wird sich mit dem Nivellierstock an den Baum stellen :D Mal im Ernst: Dieses Problem kenne ich zu gut. Man schneidet dann die ungefähre Saftwaage. Die Theorie sieht manchmal anders aus als die Praxis. Man hat im Laufe der Vegetationsperiode noch Gelegenheit das zu richten. Man kann aber auch über Umkehrauge schneiden, was ich persönlich aber nicht tue. Wenn nun ein Ast etwas zu stark die Kräfte an sich reißt und durchtreibt, dann kann man ihn etwas abbinden, nicht zu stark, nicht waagerecht. Natürlich hängt das Ganze auch etwas an der Ansatzhöhe und Dicke des Astes. Dennoch sollte man die Saftwaage beachten, denn sonst vergrößert sich das Ungleichgewicht noch. Wenn man nun das Gesamtbild hat, dass es mit den Augen nicht passt, dann kann man auch hergehen und den/die stärkeren Äste etwas (2-3cm, das nächstliegende untere Auge) mehr zurücknehmen und die schwächeren Äste dafür etwas länger lassen. Damit kann man das etwas ausgleichen.
Das Hochbinden ist einfach, aber man sollte wirklich darauf achten, dass die Äste nicht abgebunden oder gequetscht werden. Beim Herunterbinden genauso. Man bindet beim Herunterbinden eine Schlinge, die sich nicht zuziehen kann und bindet das untere Ende an einen Stein, o.ä. Mit dem Winkel kann man die Abspreizung gut einstellen. Man kann die Äste auch Abspreizen, mit Hilfe von Abspreizhölzchen. Dazu wird ein Holz mit geeigneter Länge mit den passenden Winkeln versehen und kann zur Fixierung vorne und hinten eingeschlitzt werden. Ich stelle später eine Zeihnung ein, damit man es besser verstehen kann. Fruchtäste auf Höhe der Leitäste sind in der Regel unbedenklich, wenn sie doch durchtreiben, wie mal gerne bei Zwetschgen, dann kann man sie immer noch auf Astring entfernen oder umleiten. Zu der Nancymirabelle kann man nicht viel sagen, da ohne Bild wenig Aussagekraft besteht. Hat sie keine Leitäste? Die Stammverlängerung hast Du richtig eingekürzt. Auch ein Teil des Fruchtholzes zu entfernen macht Sinn. Aber Leitäste mit angeschnittenem Fruchtholz zu ziehen wird schwer und ein Geduldsspiel.
LG Marco
 
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Luki

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Hi,

Zur Saftwaage:
das nehme ich auch nicht sonderlich ernst...

Zum Abspreizen von Ästen:
Da bieten sich Holundertriebe in Daumenstärke an, die sind innen meist Hohl. Wenn die dann flachgeschnitzt werden entsteht eine "Aufnahme" für Stammverlängerung und Ast. Alternativ halt irgendeinen Holzstecken und mit der Schere Kerben in die Enden schneiden. Nachteil solcher Spreizhölzer ist, dass sie immer unschöne Abdrücke hinterlassen.
Für dünne Zweige empfehle ich Astfix-Klammern von REMA. Die sind auch wesentlich sturmfester als Hölzer.

Zu den "Fruchtästchen" beim Pflanzschnitt:
Ich lass da außer den Leitästen gar nichts dran. Mindestens die ersten 30cm an Leitästen und Stammverlängerung sollen m.E. kahl sein.
Speziell Sämlingsunterlagen tragen doch eh erst nach 5-15Jahren, bis dahin haben sich auch Fruchtäste gebildet, die langfristig bleiben können.

mfg
 
Marc oh

Marc oh

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Hallo, so nun die Zeichnung.
LG Marco
 

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Marc oh

Marc oh

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Hallo zusammen,
man muss es nicht 100%ig nehmen, aber Abweichungen in der Saftwaage bringen immer Ungleichgewichte im Baumgerüst.
Die Idee mit den Holunderästen ist gut, die Abdrücke können entstehen sind aber nicht weiter tragisch, wenn sie die Rinde nicht beschädigen.
Zu den Fruchtästen. Hier kann man verschiedene Philosophien erkennen und alle beiden sind auch richtig. Es kommt eben auch immer darauf an was man erreichen will. Hochstämme kommen mit ca. 10 Jahren in den Ertrag, aber auch vorher kann man Fruchtholz stehen lassen. Freilich nicht all zu viel, denn das Hauptaugenmerk in den ersten Jahren soll das Wachstum sein. Dennoch hat das Fruchtholz auch eine ausgleichende Wirkung auf den Baum. Wenn die Leitäste gut entwickelt sind, sollten auf dem ersten Meter Länge keine Fruchttriebe mehr sein. Vorher kann man sie jedoch tolerieren.
LG Marco
 
Thema: Obstbaumschere und Veredlungsliteratur
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