Hallo Christian,
da gibt es eine Menge Gründe:
1. Als die ersten Lanz Bulldogs verkauft wurden, zeichneten sich viele Schlepper durch eine ausgeprägte Werkstattfreudigkeit aus. Der Lanz nicht. Und wenn man zwischen fahren oder stehen entscheiden muß, interessiert die Frage des wie beim Fahren nicht mehr
2. Lanz hat lange Zeit fast nur an Großbetriebe verkauft, und da hat derjenige, der die Kaufentscheidung fällte, selber nicht auf dem Schlepper sitzen müssen. Nicht umsonst hat der Volksmund gedichtet "der Bulldog wird gerne gekauft, wenn der Bauer nicht selbst damit fahren muß".
3. Bei Lanz hat man lange Zeit relativ viel Motorleistung und auch relativ viel Gewicht alias Zugkraft für sein Geld bekommen.
4. Da Lanz einer der ersten war, die Schlepper anboten, die auch gegelentlich mal Arbeit verrichteten ( und nicht den Tag in der Werkstatt verlebten ), hat sich eine Kundengemeinde gebildet. So ein treuer Stamm trägt auch dann noch lange, wenn das Produkt selber mal nicht so ganz wettbewerbsfähig ist.
5. Lanz hat lange Zeit sehr viel Händler gehabt. Allein das sorgt für eine weite Verbreitung. Wobei ein engmaschioges Händlernetz einerseits und eine dichte Population andererseits sich gegenseitig bedingen. Andererseits: Als es mit Lanz bergab ging, haben viele Händler die Flucht gesucht ( und gefunden ), und das hat den Niedergang rasant beschleunigt ( vom Marktführer um 1950 zu weniger als 2% Marktanteil 1959 ist eine Leistung, die man erstmal nachmachen muß ).
6. Treibstoff war relativ billig ( wenn auch relativ teurer als in den späteren Jahren ), so daß der trinkfeste Charakter des Glühkopfmotors keine so wesentliche Rolle spielte ( und im Vergleich zu den damals auch in Deutschland hier und da zunächst noch verkauften Benzinschleppern war der Verbrauch ohenhin günstig ).
7. Ein Lanz Bulldog ist ein Stück erstklassiger Wertarbeit. Da ist alles dermaßen solide konstruiert und gefertigt, daß es sogar einen Lanz Bulldog aushalten konnte. Davon hätte Deutz sich m.E. gerne mal eine Scheibe abschneiden können. Groteskerweise haben die Bauern aber ausgerechnet von diesen für die Ewigkeit gebauten Schleppern eine Menge bereits in den 60er Jahren, als sie manchmal keine zehn, jedenfalls keine 25 Jahre alt waren, auf den Schrott geschmissen. Wenn man darüber nachdenkt, ahnt man vielleicht, was Michel uns sagen wollte.
Übrigens: Das Bulldogkonzept war einfach genial, solange es nur auf das schiere Reißen ankam. Als aber so "Feinheiten" wie Zapfwelle, Hydraulik, Motorzapfwelle oder Frontlader dazu kamen, hatte Lanz einen zwar im Grundkonzept genial einfach aufgebauten, aber mit Tausend Klimmzügen aktualisierten Trecker anzubieten. Das konnte überhaupt nicht aufrecht erhalten werden, war aber auch erst ab ca. 1955 so richtig ein drückendes Problem.
Und noch ein übrigens: Ein mittlerweile verstorbener Freund hat erzählt, wie er um ca. 1955/1956 von der Landwirtschaftsschule aus Lanz in Mannheim besichtigt hat. Dabei hat ein anderer "Bauernlümmel" gewagt zu fragen, wie lange Lanz denn wohl noch an dem liegenden Einzylinder festhalten wolle. Da war aber Schluß mit höflich, und die in außergewöhnlich energischem Ton vorgetragene Antwort lautete: Solange Lanz Bulldogs baut, werden die einzylindrig sein. Heute wissen wir, wie tragisch recht der Mann hatte.
Gruß
Michael