Mir ist noch nicht ganz klar geworden, mangels Tabellenbuch "im Rücken", ob die Drehmomente sich unterscheiden abhängig vom Grundmaterial, und wie viel. Daß eine Schraube nur auf der Länge trägt, die in etwa ihrem Durchmesser entspricht, das wusste ich zufälligerweise schon. Ich versuche mal, mir selbst die Frage zu beantworten, und wenn irgendwo ein Fehler ist, dann korrigiert Ihr mich, ja?!
Erste Annahme: wenn der Hersteller Drehmomentangaben oder Anzugsvorschriften angibt, befolgt man die und denkt nicht weiter nach.
Zweitens: Eine Schraube muss Spannung aufbauen, um Bauteile zusammenzuhalten. Es ist ja eher die Reibung der zusammengespannten (zum Beispiel mal) Gehäusehälften, die das Gesamtgebilde zusammenhält, als daß eine Schraube als "Scherbolzen" wirken möchte. Scherung kann sie nämlich schlechter vertragen, als Zugkräfte. Damit die Schraube also Spannung aufbaut, ist nun mal ein "bißchen Drehmoment" vonnöten. Das geht so weit, daß sich die Schraube im Gewinde längt. Weil das so ist, tragen eben auch nicht alle Gewindelänge gleich viel Last. Die Schraube längt sich nicht gleichmäßig. Der oberflächennächste Gewindegang trägt am meisten, und dann nimmt das immer mehr ab, je tiefer der Gewindegang liegt, bis also nach einer Tiefe, die dem Gewindedurchmesser entspricht, gar keine Zugkräfte mehr übertragen werden. Diese Längendehnung (weil gleichbedeutend mit Aufbau von Zugspannung)ist nun aber unerlässlich, damit die Gehäuse-/Bauteile wirklich fest miteinander verspannt werden. Und da spielt das Grundmaterial nicht die alleinige oder wesentliche Rolle (solange wir von gleicher Materialart sprechen). Sondern das Drehmoment, daß die Schraube im elastischen Bereich längt. Nun verformen sich die Stähle der verschiedenen Güten unter derselben Kraft meines Wissens auch in demselben Maße. Eine Schraube mit höherer Güteklasse kann aber mehr Kräfte vertragen, bevor sie anfängt, in den "Post-elastischen "Bereich zu gelangen, also den plastischen Bereich, wo sie sich (verschieden stark, je nachdem) dauerhaft verformt (und damit beschädigt ist). Eine Schraube 8.8 ist also bei einem gewissen, hohem Drehmoment schon überdehnt, wo die 10.9er Schraube noch weiter Zugspannung aufbaut und im elastischen Bereich bleibt. Ich kann bei der 10.9er Schraube also mehr Drehmoment einleiten, aber muss das auch tun, damit sie in einem Bereich ist, wo sie sich "fest fühlt und so bleiben möchte". Zu wenig Drehmoment bedeutet, daß die Bauteile bzw. Schraubverbindung sich lockern kann. An dieser STelle ist natürlich! das Grundmaterial zu beobachten, wenn eine Schraube in ein Sackloch/Gewindebohrung geschraubt wird. Dennoch schließe ich aus meinen (*) Überlegungen, daß es nicht zielführend ist, den Guß schonen zu wollen und die SChraubverbindung zu locker anzuschrauben. Dritte Annahme: Es besteht die Möglichkeit, mit (z.B) Helicoil eine Gewindespirale anstelle des ursprünglich geschnittenen Gewindes in einem (z.B) Sackloch einzubringen. Diese Spirale bietet zusätzliche Flexibilität und folgt dem Ausdehnverhalten der Schraube. Es beginnen dadurch, auch tiefere Gewindegänge mehr Last zu übertragen, als bei einem ursprünglichen Gewinde (so wie oben besprochen). Beispielsweise wird in Aluminium damit eine stabilere "Grundlage" geschaffen als beim "nativen" Gewinde. Auf Guß müsste das klar übertragbar sein. Ansonsten bin ich relativ sicher, daß die Lochschienen für das Zugmaul auf der Rückseite des ZF-STahlgußgetriebegehäuses meines D50.1S mit 10.9er SChrauben befestigt sind.
Im einfachen, geschnittenem Gewindeloch wird, wenn ich zu viel Gewalt anwende, also entweder die Schraube zu sehr gestreckt und überdehnt, bis sie reißt. Dann war das Grundmaterial stabil genug. Oder dasselbe passiert beim Grundmaterial und es werden die Gewindegänger, einer nach dem anderen, herausgerissen. In diesem Fall war das Grundmaterial der schwächere Partner. Ob eine Schraube in Alu oder in Stahl geht, macht also dann gewiß einen Unteschied. Auch beim Drehmoment.
(*) ich hoffe aufrichtig, das Ganze kommt nicht belehrend "´rüber", das ist es nämlich nicht. Sondern ein offenbartes Selbstgespräch, angeboten zur Verifikation. Maschinenbauer/Diplings bitte "vor"!