Blattvergolden von Schriftzügen und Zierteilen

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Homer Jay

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Hallo,


viele stehen bei der Schlepperrestauration vor dem Problem, das die Zierteile im Laufe der Jahre unansehnlich geworden sind. Die Optik der alten Teile passt oft einfach nicht zu dem frisch lackierten Schlepper, obwohl die alten Teile vielleicht noch bis auf die verhunzte Oberfläche sich noch in einem brauchbaren Zustand befinden. Fast immer sind Neuteile sind aus poliertem Messing, die als schweineteuerer Ersatz angeschafft werden, aber leider oft schon nach kurzer Zeit anlaufen und ihren Glanz verlieren. Wer möchte kann seine alten Zierleisten aber auch aufarbeiten und das im Winter auch Zuhause in der Küche, ohne in der kalten Werkstatt hocken zu müssen.

Hier stelle ich mal am Beispiel einer Zierleiste vor, wie an dieser eine Blattvergoldung durchgeführt werden kann, die jahrzehntelang ihren Glanz behält. Ursprünglich wurde das von mir beschriebene Vergoldungssystem für wetterfeste Hochglanzvergoldungen im Außenbereich entwickelt. Es eignet sich für spiegelglänzende Blattvergoldungen, bei denen kein Blattansatz sichtbar sein muss. Die Blattvergoldung ist hunderprozentig Wetterfest und muss nicht versiegelt werden. Wem die Oberfläche zu glänzend ist, der kann anschließend die Teile mit Klarlack versiegeln, das nimmt den Glanzgrad deutlich zurück. Eines muss man beim Blattvergolden aber mitbringen: Eine Menge Geduld.


Das Blattvergolden führe ich mit dem Kölner Instacoll System durch. Auf dem Foto kann man erkennnen, was ich zum Blattvergolden benötige. Von links nach rechts.
Aktivatortupfer (selbstgebastelt), Ausbesserungspinsel, Kunsthaarpinsel zum Anlegen, Formholz, Instacoll Base, Instacoll Activator, Poliertuch, Transfer Doppelgold 24 Karat, Schere.
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Man kann sich ein Starterset kaufen, oder man kauft die Produkte einzeln. Ich habe mich zu dem Einzelkauf entschlossen, da ich von Anfang an das richtige Blattgold dafür haben wollte.


Ein paar Worte zum Blattgold muss ich noch verlieren. Im Außenbereich muss der Goldgehalt mindestens 23,5 Karat betragen. Man unterscheidet bei der Stärke des Blattgoldes in Einfach-, Doppel- oder Dreifachgold. Einfachgold ist zu dünn, es sollte mindestens Doppelgold sein, optimal ist natürlich Dreifachgold, aber Doppelgold funktioniert auch. Ganz wichtig ist das es sich um Transfergold handelt. Das Gold haftet an einem dünnen Pergamentpapier und kann so auch mit einer scharfen Schere in Steifen zugeschnitten werden.


Und weil Gold nicht gleich Gold ist, kommt das nächste kleinere Problem. Weißgold, Rotgold, Dukatengold, was nimmt man da? Je weniger Gold im Blattgold vorhanden ist, umso preiswerter. Ich habe mich für Rosenobel – Doppelgold entschieden. Im Internet gibt es verschiedene Shops, die Restaurationsbedarf führen, das ist was ich empfehlen kann. Finger weg von Händlern bei Ebay oder Amazon, die einem für den Preis von Blattgold billiges Imitat unterjubeln könnten. Für 14 € erhält man vom Fachhandel ein Heftchen mit 10 Seiten Blattgold und könnte eine Fläche von 25 * 25 cm vergolden.


Der Untergrund sollte glatt, fein geschliffen, trocken und staubfrei sein. Die Zierleisten, Schriftzüge müssen so vorbereitet werden, dass diese perfekt wetterbeständig sind. Das heißt bei den Zierleisten die lose und zerbröselte Eloxalschicht abschleifen, mit Epoxidharzgrundierung lackieren, eventuell leichte Unebenheiten verspachteln und mit Korn 800 oder höher naßschleifen. Wie das gemacht wird, zeige ich nicht gesondert, ist die gleiche bekannte Vorgehensweise wie für eine gute Lackierung. Je besser sorgfältiger die Vorarbeiten ausgeführt werden, umso besser wird das Ergebnis.


Vom Prinzip her besteht das Instacoll System aus einer Basischicht (Instacoll Base), einer etwas dickflüssigen Grundierung, die in transparent oder gelb erhältlich ist und einem wässerigen Aktivator, der transparent ist.


Prinzipiell kann die Instacoll Base mit einem Pinsel aufgetragen werden, aber der Pinselstrich, der Duktus, ist bei den Zierelementen immer zu sehen. Deswegen ist es ratsam die Base mit einer Airbruschpistole aufzutragen.


Auf dem Foto erkennt man eine Zierleiste, die an den Längsseiten bereits teilweise vergoldet ist.
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Die Base wird mit ca. 5 - 10 % Wasser verdünnt und aufgespritzt. Unbedingt darauf achten, daß keine Nasen oder Läufer entstehen. Besser ist es da, mehrmals nur sehr dünn die Base aufzutragen, bis eine geschlossene Oberfläche entsteht. Bei einer transparenten Base empfiehlt es sich, in einem wirklich hell und gut ausgeleuchtetem Raum zu arbeiten.


Zwischen den einzelnen Spritzgängen jeweils so lange zu warten, das die erste Schicht genügend Festigkeit aufweist, die darauffolgende zu tragen. Nicht die aufgetragene und noch nicht durchgetrocknete Base – Schicht mit dem Finger berühren. Die Fingerabdrücke sind sonst später sichtbar in der Blattvergoldung sichtbar.


Nach dem Aushärten der Base – Schicht, das dauert bei 20° Raumtemperatur mindestens 8 Stunden, glänzt diese leicht.
Auf dem dritten Foto sieht man den leichten Glanz der Baseschicht. Rechts im Foto ist auch zu sehen, dass ich Beulen rausgeschliffen habe und dort sozusagen die Grundierung auch durchgeschliffen habe.
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Die getrocknete Baseschicht kann unbegrenzt trocken stehen, da passiert nichts dran, erst wenn der Aktivator aufgebracht wird, nimmt die Oberfläche das Blattgold an.


Teil 2 folgt in Kürze


Gruß
Jürgen
 
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Homer Jay

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Hallo,

das mit der Küche was ich im ersten Beitrag schrieb, bietet Vorteile. Das Blattgold ist hauchdünn und in einer zugigen Werkstatt weht es nur so weg, deswegen Zugluft beim Vergolden vermeiden. Außerdem sollte der Raum auch warm sein, 20° ist schon gut. Aber zurück zum eigentlichen vergolden.
Zuerst ermittelt man die Breite des Blattgoldes, die man für das Vergolden braucht. Dazu nimmt man einen Streifen Tesafilm und klebt diesen auf die Zierleiste auf. Man gibt noch ein wenig Toleranzmaß hinzu, weil später das Blattgold von Hand frei auflegt, wird es schwierig die Mitte auf Anhieb zu erwischen. Ich nehme links und rechts jeweils eine Zugabe von 2 mm.
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Nach dem Ausmessen der Breite aktiviere ich aber schon mal die Instacoll Base und mache den Zuschnitt in der entstehenden Wartezeit. Der Aktivator wird mit einem weichen Tuch auf die trockene Base – Schicht aufgetragen. Das geht besonders gut mit einem Brillenputztuch vom Optiker. Ich zieh mir dazu Einweghandschuhe an und tunk das Brillenputztuch direkt ein. Danach wische ich über die Oberfläche, am Oberflächenglanz ist zu sehen, ob ich die Base auch überall erwischt habe. Ist etwas zuviel Aktivator auf der Oberfläche, kann man es mit dem Brillenputztuch auch einfach wieder aufnehmen. Man muss ca. 15 Minuten warten, bis der Aktivator die Base soweit aktiviert hat, das das Blattgold angelegt werden kann. Ich aktiviere immer nur 25 cm und arbeite das erst ab, bevor ich weitermache.
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Die Base ist nun für ca. 1 Stunde aktiviert und aufnahmebereit. Die Base kann beliebig oft wieder aktiviert werden, von daher spielt es keine Rolle, ob man alles mit Blattgold belegt hat, was man an Fläche aktiviert hatte.


Den Streifen Tesafilm klebe ich nun einfach auf einen geeigneten Untergrund und nehme ein Blatt Transfergold aus dem Goldheftchen. Wichtig: Immer nur das Transferpapier anfassen, sonst ist das Blattgold unwiderruflich zerstört. Ich schiebe das Blättchen an meinen Tedafilmstreifen und zeichne mir das Breitenmaß mit einem Faserschreiber auf dem Transferpapier an.

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Wie man sieht, passt es bei der Breite meiner Zierleiste hundertprozentig und ich kann drei Schüsse ausschneiden, ohne Verschnitt zu haben.


Sollten Reste beim zuschneiden anfallen, so sind diese nicht verloren, diese können für eine spätere Verwendung wieder in das Heftchen zurückgelegt werden. Die Reste eignen sich besonders gut dazu, um eventuelle Fehlstellen auszugleichen.
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Man schneidet das Blattgold mit einer scharfen Schere. Am besten nimmt man eine Tapezierschere, mit der noch keine Tapeten geschnitten wurde. Das positive an diesen Scheren ist die große Klingenlänge, so kann man in einem Zug das Blattgold durchschneiden, ohne Nachsetzen zu müssen.
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Erst schneidet man bei der Markierung geringfügig ein, richtet mit der anderen Hand das Blattgold aus und schneidet in einem Zug komplett duch.


Ist die Wartezeit von 15 Minuten zur Aktivierung rum, kann mit dem anlegen der Blattgoldschüsse begonnen werden.
Mit zwei Fingern oder mit einer Pinzette fasst man das Seidenpapier, dreht es um und legt die mit Gold behaftete Fläche auf die aktivierte Fläche. Ohne die aktivierte Fläche zu berühren, achtet man auf die genaue Ausrichtung des Schusses und legt zuerst bei einer Überlappung an und vorn dieser weg.


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Hat der Blattgoldschuss die aktivierte Oberfläche berührt, ist ein seitliches Ausrichten nicht mehr möglich. Dort wo das Gold an der aktivierten Base haftet, löst es sich schon beim geringsten Kontakt vom Transferpapier ab. Das sieht man schon sehr deutlich auf dem zweiten der vorhergehenden Fotos.Das hauchdünne Gold wird dabei zerrissen und gibt eine Fehlstelle. Das ist zwar ärgerlich, aber bei diesem Vergoldungssystem nicht weiter schlimm, da ausgebessert werden kann. Wer sich seiner noch nicht ganz sicher ist, der kann natürlich die Blattgoldstreifen nochmals in der Mitte kürzen, das macht das anlegen vor allem in Kurvenbereichen merklich einfacher. Ist der Kontakt soweit hergestellt, umfasst man den Rücken des Transferpapiers fest, damit es nicht mehr verrutsch und beginnt, von oben mit dem Poliertuch kräftig auf das Transferpapier zu drücken, bis alles Gold auf der leicht klebrigen Fläche haftet.
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Dann zieht man das Papier ab. Sieht man etwaige Fehlstellen, werden die sofort mit Resten „nachgeschossen“.


Das nächste anlegen eines Blattgoldschusses erfolgt immer überlappend. Das heißt, es wird nicht wie beim tapezieren Stoß auf Stoß gelegt, sondern der neue Schuß liegt ein wenig überlappend auf dem alten auf.
 
Homer Jay

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Hat man seine Streifen verarbeitet, sieht die Oberfläche erstmal ein wenig rauh aus. Der überschüssige Goldflitter hängt lose rum und muss abgekehrt werden. Sieht man noch kleinste Risse kann man versuchen beim abkehren, die Goldflitter durch tupfen mit dem Pinsel auf die noch aktivierte Base zu bringen. Was an Goldresten beim abkehren mit dem Pinsel runterfällt ist futsch. Diese Fissel sind nicht mehr zu gebrauchen.
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Mit einem sauberen und frischem Poliertuch wird nun auf der Oberfläche ohne Transferpapier das Gold lückenlos festgedrückt. Dabei jede Stelle andrücken und das durchaus auch etwas kräftiger. Vor allem den Bereich des überlappten Schusses sollte man kräftiger andrücken.
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Die Oberfläche des Goldes erscheint nun ein wenig matt, und es kann sofort mit dem polieren begonnen werden. Das zum Hochglanzreiben sollte mit leichtem Druck unter kreisenden Bewegungen erfolgen.

Beim Polieren darauf achten, dass man mit dem Poliertuch nicht in die aktivierte Base reibt. Diese würde die polierte Goldoberfläche verschmieren.
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Wer ein besonders hochglänzendes Ergebnis mit Tiefenwirkung erzielen möchte, der trägt auf die so vergoldete Fläche abermals Base auf und vergoldet die Fläche ein zweites mal. Bei einer einmaligen Vergoldung kommt es immer zu Mirkrorissen, welche das Ergebniss etwas matter aussehen läßt, bei einer doppelten Vergoldung werden diese Risse durch die folgende Schicht abgedeckt.

Durch das Auftragen von Klarlack (glänzend oder matt) kann der Glanzgrad aber auch deutlich wieder zurückgenommen werden. Vorteil ist dabei selbstverständlich, das die weiche Goldoberfläche geschützt wird und dem ursprünglichen Originalzustand so am nächsten kommt. Das entspricht prinzipiell auch mehr meinen Vorstellungen.

Schriftzüge z. B. auf der Sitzschale kann man auch herstellen. Dazu wird ein Maskierfoliennegativ aufgeklebt und dieses mit der Instacoll Base ausgespritzt. Nach dem Trocknen entfernt man die Maskierung, aktiviert die Base und schießt das Blattgold an. Man muss nur darauf achten, das der Lack neben der Vergoldung nicht zu frisch sein darf, weil das Blattgold sonst auch da haftet, wo es nicht gewünscht ist.

Stellt sich die Frage, ob es Sinn macht, Zierleisten mit Blattgold aufzuarbeiten. Ich habe für das Vergolden der Schriftzüge und Zierleisten an meinen Schlepper 75 € an Material aufgewendet. Für neue Zierelemente und Schriftzüge, von deren Qualität ich aufgrund gemachter Erfahrung nicht vollständig überzeugt bin, hätte ich für meinen D5505 über 250 € bezahlen müssen. Vielleicht bin ich da auch zu pingelig.

Ich hoffe mein Beitrag hilft dem ein oder anderen, der vor der Frage steht, ob er Originalteile aufarbeiten und erhalten kann oder sich Nachbauten kaufen muss.

Gruß
Jürgen
 
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Tolle Idee Jürgen!

Das gefällt mir besser als die Zierteile mit Goldlack zu lackieren.

Danke für den Tipp!



Gruß
Andreas
 
Thema: Blattvergolden von Schriftzügen und Zierteilen

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